IM LADEN
Bolek löste sein Versprechen am nächsten Tag ein. Wir fuhren mit der U-Bahn zum
Mexikoplatz und betraten einen Spielzeugladen, der seinem Bekannten Josef Bernstein
gehörte. Obwohl Bolek versprach, es sei nur eine Formalität, hätte ich dieses Gespräch
niemals ohne ihn überstanden.
Nachdem er mich Bernstein vorgestellt hatte, ging dieser um mich herum und betrachtete
mich genau. „Na, ja, Waldemar, haben Sie schon gearbeitet? Sie sehen nicht aus, als hätten
Sie im Leben viel gearbeitet“, sagte er mit einem komischen Akzent.
Bevor ich etwas sagen konnte, antwortete Bolek für mich: „Jeder fängt irgendwann mal an,
Josef. Sei ehrlich, wie alt warst du, als du deinen ersten Job hattest?“
„Fünfzehneinhalb.“
„Damals war man aber schon mit vierzig ein Rentner, oder?“
„Meinst du, dass ich schon so alt bin?“
Ich dachte, dass Bolek ihn beleidigt hat. Ich war auf Bolek böse, weil seine Äußerungen nicht
immer höflich waren, aber Josef Bernstein wandte sich wieder an mich: „Sprechen Sie
überhaupt deutsch?“
„Ein bisschen.“
Bolek lachte: „Der Junge ist sehr bescheiden. Er spricht wie ein echter Deutscher.“
Josef Bernstein überlegte kurz und sagte zu Bolek: „Ich würde dem Jungen gerne diesen Job
geben, aber ich kann mich jetzt noch nicht entscheiden. Heute kommen noch drei andere
Bewerber. Sag mir einen einzigen Grund, warum ich ausgerechnet Waldemar einstellen
sollte?“
„Du willst einen Grund?“ lächelte Bolek. „Von mir aus. Waldemar hat immer Glück. Und so
jemand bringt immer Glück.“
Bernsteins Gesichtsausdruck änderte sich schnell. Er ging noch einmal um mich herum, als
sähe er mich jetzt im ganz anderen Licht.
„Ist das wahr?“ fragte er. „Sie sind ein Glückspilz?“
„Alle sagen, dass ich Glück im Leben habe.“
Er betrachtete mich noch mal. Diesmal viel freundlicher. „Okay. Ich gebe Ihnen eine Woche,
um sich hier einzuarbeiten. Wenn es nicht klappt, verabschieden wir uns am Ende der Woche.
In Ordnung?“
Ich schwor mir, dass es am Ende der Woche nicht dazu kommen würde, von ihm Abschied zu
nehmen. Über mein Gehalt, meine Arbeitszeiten und Aufgaben habe ich nichts erfahren, aber
das war nicht wichtig. Ich hatte eine Beschäftigung.
nach Radek Knapp, Herrn Kukas Empfehlungen