Vor zehn Jahren heiratete ich die größte Liebe meines Lebens: Karl. Da begann mein
Problem. Es hieß „Schwiegereltern“. Anfangs war es so, dass wir direkt neben ihnen im Haus
wohnten und sie dann einfach vor der Tür standen. Jeden Nachmittag! Sobald wir von der
Arbeit nach Hause zurückkamen, waren sie da. Nicht, dass ich etwas gegen meine
Schwiegereltern hätte. Ganz im Gegenteil. Im Grunde genommen sind sie nette und
hilfsbereite Leute, aber ich wollte meine Ruhe haben und die Zeit mit meinem Mann
genießen.
Nach zwei Jahren zogen wir innerhalb des Dorfes um. Da dachte ich mir: „Jetzt hören die
unerwarteten Besuche auf“. Unsere Wohnung war fünf Kilometer vom Haus meiner
Schwiegereltern entfernt. Aber für sie war das kein Hindernis. Sie kamen dauernd vorbei,
ohne vorher anzurufen und zu fragen, ob wir Zeit haben. Meistens dann, wenn sich mein
Mann nach dem Mittagessen hingelegt hatte. Mich nervte das, weil ich nie darauf vorbereitet
war. Ich versuchte, mit meiner Schwiegermutter darüber zu reden, aber sie sagte nur:
„Schätzchen, wir sind doch eine Familie! Auf unseren Besuch brauchst du dich nicht
vorzubereiten.“
Mein Mann wusste, dass es mich störte, wenn seine Eltern uns unangemeldet besuchten. Ich
sagte ihm mehrmals: „Karl, ich denke, dass es deine Aufgabe ist, mit deinen Eltern darüber zu
reden.“ Er konnte nicht verstehen, warum ich mich über diese Besuche aufregte. Er hörte mir
mit Ruhe zu, aber er machte nichts und konnte auch keine Erklärung für das Verhalten seiner
Eltern finden. „Susanne, dir fällt etwas ein. Du wirst dein Problem schon lösen“, meinte er.
„Glaub mir, es ist wirklich besser, wenn du dich selbst mit meinen Eltern einigst.“ Ich dachte
also darüber nach, was ich in dieser Situation machen konnte. Ich wollte meine
Schwiegereltern nicht verletzen oder wütend machen, wenn ich sie bitte, dass sie anrufen
sollten, bevor sie vorbeikommen.
Ich musste wohl akzeptieren, dass meine Schwiegereltern keine Rücksicht auf unsere
Privatsphäre nahmen. Ich wollte lieber keinen Streit anfangen oder mich irgendwie zwischen
meinen Mann und seine Eltern stellen. Es kam zwar selten vor, dass sie uns am Wochenende
nicht besuchten, und dann konnte ich glücklich sein, wenn mein Mann und ich etwas Zeit für
uns hatten. Damals waren wir beide unter der Woche beruflich sehr beschäftigt und kamen oft
spät nach Hause. Da blieb nicht viel Zeit, die wir zu zweit verbringen konnten. Als ich die
Hoffnung fast verloren hatte, dieses Problem irgendwann lösen zu können, bekam Karl von
seinem Chef ein Arbeitsangebot im Ausland. Das nahm er natürlich an. Seit einem Jahr leben
wir in Südfrankreich. Jedes Wochenende rufen uns die Schwiegereltern an, um zu erfahren,
wie es uns geht. Wir haben vor, sie für den Sommer nach Frankreich einzuladen.
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